Der Aerofly FS ist die neueste Kreation von IPACS, vertrieben durch die Firma IKARUS.
Auf der Homepage des Aerofly FS werden alle Features, die dieses Programm liefert, detailliert beschrieben. Es sind auch Videos und Screenshots verfügbar.
Dieser Full Scale Flight Simulator (FS) verspricht “perfekte Flugeigenschaften” und eine bis ins Detail überzeugende Graphik.
Erster Eindruck des Simulators
Die Installation verläuft völlig unproblematisch, auch wenn diese durch die Größe des Programmes von 24Gb etwas länger dauert.
Beim ersten Start des Programmes stößt man auf ein großes Textfenster, das lesenswert ist. In einem der Unterpunkte wird beispielsweise per Kontrollhäkchen der Realitätsgrad eingestellt. Selbstverständlich habe ich die höchste Stufe gewählt. 😀
Ohne ein Hauptmenü startet die Simulation direkt auf der Landebahn. Durch die im Vergleich zu anderen Simulationen kurzen Ladezeiten ist ein Hauptmenü auch nicht erforderlich, sodass man im Grunde sofort abheben kann.
Das Einstellen des Eingabegeräts ist etwas ungewohnt, aber dennoch gut verständlich. Hervorzuheben ist die Unterstützung des Joystick-Kopfschalters, mit der sich die Sicht drehen lässt. Sie wird automatisch durch Loslassen der Taste nach vorn zentriert, was sehr gut für den Anflug ist, wenn man nur mal schnell zur Seite auf die Landebahn blicken will.
Weiter kann man die Funktionen der allgemeinen Steuerung (Flugzeug um 50m hochsetzen, Winde aufstellen, etc.) frei belegen, was ich auch sogleich getan habe.
Die Kalibrierung der Steuerung entfällt und muss stattdessen unter Windows manuell eingerichtet werden.
Der Sound lässt sich im Moment (Version 1.0.0.1) nur in der Gesamtlautstärke anpassen oder ganz abschalten. Eine Unterteilung in Triebwerkssound oder Warntöne gibt es noch nicht. Seit Version 1.0.0.9 ist die Variometerlautstärke schonmal einstellbar.
Erster Flug
Den ersten Flug habe ich mit dem standardmäßig geladenen Flugzeug, einer Cessna 172, durchgeführt.
Das Cockpit ist sehr detailliert aufgebaut, und fast alle Instrumente sind funktionsfähig nachgebildet.
Das Handling am Boden wirkt realistisch, auch das Gefühl am Steuerknüppel nach dem Abheben. Mit einer geringen, Cessna-typischen Steigrate geht es allmählich aufwärts, um genügend Höhe für die nächsten Manöver zu gewinnen.
Beim Übergang in den Abrissbereich ertönt wie beim Original eine Warntröte, deren Sound auf Dauer etwas unangenehm, aber wirksam ist.
Bei schlagartigem Höhen- und Seitenruderausschlag kippt die Maschine ab, so wie es sein soll.
Flugpysik
Die Flugphysik hat mich überzeugt. Sie hat eindeutlig genug Potenzial, um den FSX von Microsoft locker in die Tasche zu stecken. Wer dort einmal bei dem Versuch einer gerissenen Rolle mit der Extra 330 Höhengewinn gemacht hat oder krampfhaft den Messerflug getestet hat, versteht, was ich meine. Aber auch im Vergleich zum Aerofly 5, der für Modellflug konzipert wurde, ist der Aerofly FS im Bereich der Full-Scale-Modelle überlegen.
Was auch positiv überrascht, ist die Wirkung des Seitenruders beim Langsamflug.
Als Segelflugpilot habe ich natürlich zuerst die Segelflugzeuge getestet. Und ich muss sagen, die Flugzeuge sind wirklich sehr nah an der Realität.
Der Windenstart ist realistisch, viel Höhe habe ich bis jetzt noch nicht erreichen können bei der kurzen Schleppstrecke, vielleicht finde ich ja noch einen Flugplatz mit längerer Piste.
Sehr fortschrittlich ist auch die dynamische Verformung der Flügel im Abfangbogen. Diese ist sehr weich und wird nicht durch einzelne Objekte erzeugt, was optisch einfach besser aussieht, weil keine zusätzlichen störenden Schatten oder Kanten entstehen. Man sieht eine saubere Biegung der ganzen Tragfläche.
Seitengleitflüge (Slips) sind gut zu fliegen, dafür sollte man allerdings die Kamera drehen, um die Landebahn im Blick zu behalten.
Graphik
Um es in einem Wort zu sagen: Die Graphik ist echt der Oberhammer, sogar bei den vorgeschlagenen mittleren Einstellungen. Die Berge und Gletscher wirken extrem photorealistisch, bei sehr dichtem Heranfliegen sieht man allerdings schon einzelne Pixel der Textur. Der Schatten wurde mit auf die Textur gelegt, was sinnvoll ist, wenn man die Tageszeit konstant lassen will. Die Vorteile liegen auf der Hand: Keine rechenaufwändige Schattenberechnung, wordurch man mehr Rechenleistung für die Physik gewinnen kann, keine Probleme bei der Schattendarstellung durch Graphikkartentreiber, und natürlich eine perfekte Optik.
Hier einmal ein Youtube-Video vom Discus bM in den Schweizer Bergen:
Die Cumulus-Wolken passen noch nicht so recht in das ansonsten sehr photorealistische Gesamtbild, IPACS hat aber schon angekündigt, diese bald zu überarbeiten.
Die Simulation läuft auf meinem Laptop mit einem Intel i3 und einer ATI Mobility Radeon HD 4650 sehr flüssig über der 35 FPS Marke bei etwas überdurchschnittlicher Graphikqualität.
Die Graphik lässt sich einzeln in den verschiedenen Bereichen Texturauflösung, Shaderqualität, Baumqualität, Geländetexturierung, Schattenqualität, Wassereffekte, Geländegitter und Anti-Aliasing anpassen, wodurch man auch die Leistung von schwächeren PCs voll ausnutzen kann.
Weiter besteht die Möglichkeit, die High-Dynamic-Range-Effekte zu aktivieren, was vor allem Blendeffekte verstärkt und ein noch photorealistischeres Bild, besonders in der Außenansicht und über schneebedeckten Gipfeln, erzeugt.
Alle Ruderbewegungen sind sowohl in der Außenansicht am Flugzeug, als auch in der Innenansicht an den Steuerlementen direkt sichtbar.
Sound
Viele kleine Effekte haben ihren eigenen Sound bekommen, so sind zum Beispiel das Ausfahren der Landeklappen, das Verriegeln des Fahrwerks, das Anlassen des Klapptriebwerks, die Fahrwerkswarnung (Landeklappen werden gezogen, ohne dass das Fahrwerk ausgefahren ist), die Rollgeräusche am Boden, das Rauschen beim Überziehen bei hoher Geschwindigkeit (Speedstall), der Crashsound und viele mehr toll umgesetzt.
Sonstiges
Das Crashmodell bietet sowohl Überlastungen bei zu harten G-Manövern, als auch Flügel- und Fahrwerksdemontage bei hartem Aufprall. Die Zeit zum Zurücksetzen zur letzten Startposition lässt sich über die Simulationseinstellungen bis zu 100 Sekunden heraufsetzen.
Gut gefällt mir das Windmodell, vor allem die Fallwinde hinter den Bergen, da sollte man lieber mit genügend Höhenreserven über den Bergkamm fliegen.
Die Kamera im Cockpit trägt im hohen Maße zur Erhöhung des Realitätsgrades bei. Der Einfluss der G-Kräfte wirkt authentisch und nicht übertrieben. So sieht man förmlich, wie der Pilot in den Sitz gedrückt wird und sich dadurch die Kamera gegenüber dem Flugzeug senkt. Oder bei der Extra wird durch die enorme Rollrate der Kopf umhergeschleudert. Für den Windenstart wünsche ich mir, dass die Kamera mehr auf den Horizont gerichtet bleibt, damit man den Boden nicht aus den Augen verliert. Natürlich kann man die Kamera via Pfeiltasten oder über den Joystick-Kopfschalter frei drehen.
Zusammenfassung
Der Simulator hat ein beeindruckendes Potenzial. Die Graphik – zumal bei der geringen Rechenleistung meines Laptops – hat mich sehr überzeugt. Ich hoffe, dass diese Optik nicht nur auf die Schweiz begrenzt bleibt, sondern auch andere Gebiete Europas dazukommen. Mit dem Begriff „perfekt“ habe ich so meine Probleme, denn das kann eine Real-Time-Simulation auf Heim-PCs eigentlich gegenwärtig nicht leisten. IPACS ist mit dem Aerofly FS definitiv auf dem richtigen Weg zu einer sehr realistischen Simulation. Die Flugphysik ist gelungen und vermittelt mir das bisher echteste Knüppelgefühl, das ich je an einem Simulator erlebt habe.
Author: Jan-Hendrik Hanuschik